Durch Erzählungen das Unsichtbare sichtbar machen

Durch Erzählungen das Unsichtbare sichtbar machen

Kennen Sie Ihr Uhrwerk?
Was tun, wenn man nicht so recht weiß, wie das Unternehmen so «tickt», welche Werte, welche Glaubenssätze und welche Verhaltensregeln wirken und das Verhalten der Mitarbeiter beeinflussen? Da diese Phänomene unter der Oberfläche liegen, sind sie schwer zu fassen und zu begreifen, ganz so, wie die innere Mechanik im Uhrgehäuse nicht sichtbar ist, sondern man nur den Lauf der Zeiger beobachten kann.

Innere Mechanismen sichtbar machen
Doch um etwa eine Core-Story für eine Marketing-Kampagne oder eine Employer-Branding-Initiative erfolgreich durchzuführen, ist es natürlich sehr wichtig, zu wissen, wie die inneren, nicht sichtbaren Mechanismen im Unternehmen aussehen! Gleiches gilt für alle Change-Management-Initiativen: Wenn das Unternehmen nicht genau weiß, welche Glaubenssätze mit Veränderungen assoziiert sind, wird eine Change-Maßnahme ein sehr steiniger Weg mit recht wenig Wahrscheinlichkeit auf Erfolg werden.

Was also tun, um mehr über das Innere im Gehäuse zu erfahren?
Ein Erzähl-Workshop ist eine einfache narrative Methode, die alle in diesen Prozess Eingebundenen zum gegenseitigen Teilen ihrer Erfahrungen einlädt: «Woher kommen wir? Welche Situationen sind typisch für uns? Wie sind wir so geworden, wie wir sind?» Schnell werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Erzählungen sichtbar. Die einzelnen Episoden, die erzählt werden, bieten in der Summe und im Vergleich miteinander für die Anwesenden eine sehr gute Reflektionsfläche, um mehr über die unsichtbaren Regeln und Glaubenssätze zu erfahren.

Was braucht man für einen Erzähl-Workshop?
Fast nichts! Einen Raum, einen Stuhlkreis mit maximal 16 Stühlen, eine Metaplanwand und Karten, auf die Titel geschrieben werden, die die Teilnehmer ihren Erzählungen geben. 2-3 Stunden Zeit und eine Moderation, die darauf achtet, dass nicht Meinungen und Interpretationen («Wir sind ein Unternehmen, das auf traditionellen Werten beruht») die Runde machen, sondern ausschließlich konkrete Erlebnisse und Erfahrungen erzählt werden.
Haben alle ihre Erlebnisse erzählt und hängen die Titel an der Wand, kann die Moderation zusammen mit der Gruppe analysieren, was in den Geschichten steckt: wie erleben wir Veränderung? Was ist unser tiefstes Motiv, warum gibt es unser Unternehmen, was macht es besonders? All diese Fragen liegen in den Erzählungen der Teilnehmer, man muss sich nur die Zeit nehmen, ihnen zuzuhören.

Beste Grüße sendet Ihnen

Christine Erlach, NARRATA Consult
Autorin, Beraterin und Trainerin zu Storytelling und narrativen Methoden in Unternehmen
www.narrata.de

Story des Monats: Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, …

Story des Monats: Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, …

… leben muss man es vorwärts*

 

Plötzlich ist alles anders:
Mobility statt eigenes Auto, Rollkorpus statt eigenes Pult. Das Bild der Liebsten auf dem Bürotisch ist Vergangenheit. «Evolution of Work», erzählt multimedial im Raum über den Wandel unserer Arbeit.

 

Sky Key in Zürich Oerlikon
Die Zurich Versicherung baut «ein neues Wahrzeichen in Zürich Norden ‐ und ein Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit und Energieeffizienz» für rund 2’400 Mitarbeitende – mit Desk Sharing, reduzierten Parkplätzen und Mobility‐Angebot. Mitarbeitende müssen viel Liebgewonnenes und Privilegien loslassen. Ein grosser Wandel, ein Change Prozess, den nicht alle gleich himmlisch finden. Und eine grosse Herausforderung für die begleitende Kommunikation ‐ die Projektleiterin Luzia Schuler entschied sich deshalb auch für ungewöhnliche Massnahmen.

 

Grosser Bogen auf einen Blick
Der Erfolg der Zurich Versicherung ist auch ihr stetiger Wandel. Kutschentransporte waren noch die Regel, als die Firma plante die ersten Schreibmaschinen anzuschaffen. Wie viel Wandel die Mitarbeitenden vom raumfüllenden IBM Computer bis zum schicken Laptop erlebten, geht rasch vergessen. Auch wie Zurich‐Mitarbeitende mit ihrem VW Käfer in die Ferien nach Italien fuhren und welcher Stiefelabsatz gerade Mode war, als die alte hölzerne Telefonzentrale im Hauptsitz stillgelegt wurde.

 

Die Geschichte dieser Arbeitswelt soll mit Bildern, Objekten und Headlines im 20 Meter hohen Entrée der Zurich Versicherung erzählt werden und so auf einen Blick lesbar sein. Wie immer die Zukunft wird, sie wird nicht stehen bleiben und auch die gute alte Zeit war nichts als Wandel. Wen beim Apéro im Entrée oder im Vorbeigehen einen solchen Gedanken streift, wird seine Arbeitssituation zusätzlich in einer neuen Perspektive sehen.

 

Alles ist erlaubt
Natürlich ist auch bei einem kreativen Projekt nie alles erlaubt. Es gibt viele Sicherheitsauflagen, die – besonders in einer Versicherung – zu berücksichtigen sind. Trotzdem, die Geschichte im Grossen zu erzählen, gelang mit grosszügigem Denken und Mut der Projektleiterin, und dank dem ausserordentlichen Einsatz vieler Beteiligter ‐ und mit viel Liebe zum Detail. Denn jede grosse Erzählung muss Tiefe haben. Wir haben authentisch erzählt, von realen Menschen und ihrer Arbeit.
Mit realen Objekten und recherchierten Dokumenten. Dabei war wirklich alles erlaubt: Fakten sammeln, fabulieren, zitieren, ein bisschen Wahrsagen und Ungewohntes kombinieren. Auch neu für das Projekt gestaltete Montagetechniken und viel Vertrauen im Umgang mit historischen Objekten machten Ungeahntes möglich. Es hat sich gelohnt.

 

Das Riesending kommt an
Die Story ist ein Eyecatcher aus verschiedenen Perspektiven. Ob vom Foyer oder Obergeschoss, von der Vergangenheit oder der Zukunft, chronologisch oder thematisch, dank der Installation im Raum bietet sie überall einen Einstieg. Jede Person kann die Geschichte durch Wahl der Reihenfolge und Auswahl der Themen für sich selbst mitgestalten. Wir regen zum Denken an und verzichten auf die Bewertung zukünftiger Arbeitsumgebungen. Das Riesending im Foyer kommt bei den Mitarbeitenden gut an. Es bietet Raum für Gespräche über nicht alltägliche Themen. Ein paar Monate später naht bereits ein grosser Umzugstermin; die einen ziehen ins neue Sky Key Gebäude, andere in Zwischennutzungen. Die Ausstellung ist unterdessen Vergangenheit und die damalige Zukunft schon Gegenwart geworden. «Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, leben muss man es vorwärts» haben wir Kierkegaad in der Ausstellung zitiert.

 

*Kierkegaad
Bilder: © Gina Moser, Ausstellungsdesign.

 

Gina Moser, Ausstellungsdesign, www.ausstellungs-design.ch

Gina Moser setzt Stories in Ausstellungen um.