Die Geschichte vom blinden Bettler – oder warum Anekdoten Brücken schlagen

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Es war vor nicht allzu langer Zeit ein blinder Bettler, der auf dem grossen Marktplatz saß. Vor sich hatte er seinen Hut und daneben ein Stück Karton hingestellt, worauf zu lesen stand: «Bin arm und blind, bitte helfen Sie mir!»
Jeden Tag hörte der Bettler die gleichen Schritte an ihm vorbeigehen. So sprach er eines Tages: «Warten Sie einen Moment, können Sie mir helfen?» Die Schritte blieben stehen und ein Mann sprach: «Tut mir leid, ich bin nur ein armer Künstler. Geld habe ich nicht. Aber vielleicht kann ich etwas anderes tun.». Er nahm den Karton, drehte ihn um, kritzelte etwas drauf und ging davon.

Es dauerte nicht lange, die Passanten blieben stehen und der Bettler hörte, wie sie Münzen in den Hut warfen. Er konnte es nicht fassen als er in den Hut hineingriff und eine Handvoll Münzen und Scheine rauszog.

Als er am nächsten Tag die gleichen Schritte wieder erkannte, rief er erfreut: «Herr Künstler, warten Sie. Was haben Sie gestern gemacht? Kaum waren Sie weg warfen die Menschen Geld in meinen Hut wie ich es noch nie erlebt habe!» Der Künstler blieb stehen und meinte: «Nichts besonderes. Ich habe nur das, was auf dem Karton stand, umgeschrieben.»

Der Frühling ist da, und ich kann ihn nicht sehen.

Der Brückenschlag

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Kommunikation kann direkt geschehen: Ich kritisiere etwas, ich fordere etwas, ich weise auf etwas hin, usw. In manchen Fällen passt das. In einigen Fällen kann ich mich mit einer direkten Kommunikation in die Nesseln setzen (Metapher). Dann nämlich, wenn die Stakeholder oder Zielgruppe und der Absender verstritten sind oder die Situation sonst verfahren ist (weil sich bereits Missverständnisse auftürmen). Ein klassisches Beispiel ist die Erziehung von jungen Menschen. Wenn Eltern lautstark und bestimmt ein Verhalten kritisieren und ein anderes einfordern: «Du musst…. Du hast…. Ich will nicht, dass Du ….(machst/tust/…).» Ein solches Verhalten löst in der Regel nicht das Problem, sondern verschlimmert es meistens, weil es bei den Empfängern (Zielgruppe) zu einer Abwehrhaltung führt. Psychologisch reagieren wir Menschen mit Abwehr, wenn wir direkt oder angriffig kritisiert werden.

Eine Anekdote:
– ist eine kurze Story
– vermittelt eine Interpretation

Man könnte auch sagen: «C’est le ton qui fait la musique.» – es ist die Tonalität und die Art und Weise, wie ich bestimmte Dinge sage. Oder ich schlage die Brücke zum Thema bzw. geforderten Verhalten, indem ich eine Anekdote nutze, um die Dinge nicht «mit einem erhobenen Zeigefinger» anzusprechen.

Der blinde Bettler oder das relativierende Element

Ob ich nun sage: «Du bist eine verwöhnte Göre, nie zufrieden, dabei hast Du alles. Sieh doch mal die anderen Kinder, die nichts haben!» (Kontext Kindererziehung) oder «Meine Güte, die Reorganisation ist doch nicht so schlimm, all die Überstunden und Veränderungen in der Organisation, seid doch zufrieden, immerhin habt Ihr noch einen Job. Andere haben gar nichts!» (Kontext Führungskommunikation im Unternehmen).

Oder die Anekdote vom blinden Bettler erzähle, macht einen grossen Unterschied. Es ist nicht der Zeigefinger, der ermahnend, kritisierend, besserwisserisch spricht, sondern ich lasse durch den Protagonisten erzählen. Indirekt. Leise. Empathisch. Entscheide selbst, ob die Geschichte ein relativierendes Element hat.

Tipp:

Beachte immer den Kontext und wähle eine Anekdote, die zum Inhalt Deiner Kommunikation passt.

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